Präsidin Daniela Werner eröffnete die Synode des Evangelisch-Lutherischen Dekanatsbezirks Bad Neustadt an der Saale mit einem biblischen Impuls einschließlich der Liedzeile: „Halt die Hände über mich, was auch kommen mag.“ Diese Bitte beinhaltet das Gefühl einer unsicheren Zukunft. Im Vertrauen auf Gott jedoch sollen Christen die Zukunft mutig mitgestalten. Wie nötig das ist, wurde im Verlauf der Versammlung mehr als deutlich.
Bei der Wahl der evangelischen Kirchenvorstände im Oktober 2024 war es bereits abzusehen, dass tiefgreifende Veränderungen in der Evangelisch-Lutherischen Kirche in Bayern (ELKB) anstehen. Ein Jahr später wurden nun die Delegierten aus den Kirchengemeinden umfassend informiert, welche Strukturveränderungen sie mitgestalten dürfen und müssen. Im Überblick und im Detail machten Dekan Uwe Rasp und Diakon Maximilian Hubmann, stellvertretender Leiter und Geschäftsführer des Kirchengemeindeamts in Schweinfurt, es deutlich: Die Bildung von „Nachbarschaftsräumen“, die Gebäudebedarfsplanung, die Landesstellenplanung und eine Verwaltungsreform sind jeweils für sich schon kompliziert. Nun müssen sie aber gleichzeitig stattfinden und aufeinander abgestimmt werden.
Worum geht es? 
Die Bevölkerungsentwicklung in Deutschland trifft auch die Kirchen. Mehr noch als die Kirchenaustritte wird die bevorstehende Ruhestandswelle der geburtenstarken Jahrgänge die kirchlichen Finanzen einbrechen lassen. In zehn bis fünfzehn Jahren wird sich die Zahl der Kirchenmitglieder der ELKB in etwa halbiert haben. Vor Ort müssen zahlreiche Gebäude für immer weniger Kirchenmitglieder instandgehalten werden: Pfarrhäuser, Gemeindehäuser, Kirchen. Seit 1960 und nicht zuletzt im Zuge des Wirtschaftswunders hat sich die Fläche des umbauten Raums pro Kirchenmitglied verdoppelt. (siehe Foto oben) Bei vielen der Gebäude stehen nach Jahrzehnten (auch energetische) Sanierungen an. Parallel zur schmelzenden Mitgliederzahl wird auch das Personal rar: Bis 2035 wird die Zahl der theologischen und theologisch-pädagogischen Mitarbeitenden (PfarrerInnen, DiakonInnen, ReligionspädagogInnen) wegen Nachwuchsmangel um 40 Prozent geringer sein. Fast jede zweite Stelle also wird nicht mehr besetzt werden können, selbst wenn die Gelder dafür noch da wären. Die evangelische Kirche in Bayern schrumpft. Und folgerichtig muss auch der Aufwand für die Verwaltung reduziert werden, möglichst ohne Qualitätsverlust. Das bedeutet unter anderem, dass Dekanate zusammengelegt und Kirchengemeinden zu noch größeren Einheiten als einfache Pfarreien fusionieren werden. Ein Name dafür fehlt noch, aber absehbar ist, dass ein „Nachbarschaftsraum“ (Arbeitstitel) etwa zehntausend Gläubige vereinen sollte. Beispielsweise würde das alle bisherigen Evangelisch-Lutherischen Kirchengemeinden „vor“ und „in“ der Rhön samt der Pfarrei Emmaus (Mellrichstadt, Mühlfeld, Bahra, Sondheim/Grbf.) und Bad Neustadt umfassen.  „Alles, was Personal, Bauen, Finanzen betrifft, soll in so einem Nachbarschaftsraum gemeinsam entschieden werden.“ So Dekan Uwe Rasp, der weiter informierte: Fünf PfarrerInnen, DiakonInnen oder ReligionspädagogInnen sowie eine qualifizierte Verwaltungsleitung sind vorgesehen als personelle Ausstattung.
Nur mit Blick auf diese neuen Kooperationsräume wird auch eine sinnvolle Gebäudeplanung möglich, betonte Diakon Hubmann. Dabei sei die regionale Lage und Erreichbarkeit eines der obersten Kriterien. Ausführlich erläuterte Hubmann die sieben Schritte, in denen die „Gebäudebedarfsplanung“ stattfinden wird. Und dass eine intensive Kommunikation aller beteiligten Stellen eine Grundvoraussetzung zum Gelingen sei. Zudem sollte von Beginn an auch die gemeinsame Nutzung von Gebäuden mit der katholischen Kirche, mit Kommunen und Vereinen ausgelotet werden. Denn zukünftig kann nur noch die Hälfte aller Gebäude Fördergelder von der Landeskirche bekommen. Die andere Hälfte solle kurz- oder mittelfristig abgegeben oder anderen Nutzungen zugeführt werden, so die Empfehlung. Um derartige Entscheidungen auf guter Grundlage treffen zu können, baut die Landeskirche aktuell eine professionelle immobilienwirtschaftliche Beratungsgesellschaft auf. Keine Kirchengemeinde werde gezwungen, ein Gebäude aufzugeben. Man müsse jedoch ehrlich beraten, ob noch vorhandene gemeindliche Eigenmittel in Gebäude oder in die Arbeit mit Menschen fließen sollten.
Nach den Vorträgen gab es zahlreiche Wortmeldungen aus den Reihen der Mitglieder der Dekanatssynode. Gefragt wurde u.a. nach den demokratischen Strukturen in den zukünftigen „Nachbarschaftsräumen“ und bei wem nun der Ball liege, um den ganzen Prozeß ins Laufen zu bringen. Auch wurden Bedenken geäußert, ob es gelingen kann, die nötigen Entscheidungen bis Ende 2026 zu treffen und wie die Gemeindemitglieder dabei gut informiert und „mitgenommen“ werden können. Dekan Uwe Rasp umriß dazu nochmal die Größe der Herausforderung: „Es hängt tatsächlich alles zusammen: Strukturen, Gebäude, Personal, Finanzen. Aber wir können nicht einfach zusehen und es erleiden. Wir müssen es bewußt gestalten. Die Frage ist: Sind wir als Kirche reformfähig?“ Auch Mut machende Hinweise gab es: z. B. dass auch vor den Jahrzehnten des „Gebäudereichtums“ intensives Gemeindeleben zum Teil in Privathäusern stattfand. Oder dass andere evangelische Kirchen in Deutschland auf einem ähnlichen Weg schon erfolgreich Erfahrungen gesammelt haben.
Hoffnungsvoll stimmte die Delegierten dann im Anschluss auch der zweite Schwerpunkt des Abends. Der Arbeitsbereich „Erwachsenenbildung“ ist bereits dekanatsübergreifend mit dem Evangelischen Bildungswerk Schweinfurt in den Vereinigungsprozeß eingetreten. Die zukünftige Geschäftsführerin Johanna Wagner, Büroleiter Günther Ullrich und Bildungsreferent Stefan Wurth stellten sich und die gemeinsamen Planungen vor. Die größere Struktur macht es möglich, Kräfte zu bündeln, bestehende Gruppen besser zu unterstützen, zusätzliche Aktivitäten anzuregen und die Angebote regional besser zu bewerben.
Zuversichtlich stimmte auch die persönliche Vorstellung der Kandidierenden für die Landessynode, das Kirchenparlament der ELKB. Dass Menschen sich gerade jetzt in diesem gesetzgebenden Gremium engagieren wollen, bewies den Willen zur Mitgestaltung der anstehenden Herausforderungen.
Nach den Formalia zu Jahresrechnungen und Haushaltsplänen schloss Präside Alexander Neugebauer die Dekanatssynode mit einem Wort auf den Weg und dem Segen.
Hinweis: Auf dieser Homepage gibt es HIER auch eine eigene Seite mit Infos zur Gebäudebedarfsplanung.
 
                         
