Reformationshaus 31. Oktober 2017 in der Stadthalle

„Wir feiern heute Reformation in einer Weise, wie wir sie noch nie gefeiert haben, und wir feiern sie zusammen“, freute sich Dekan Matthias Büttner, dass die Veranstaltung in der Stadthalle zum Jubiläum 500 Jahre Reformation nicht zuletzt durch das ökumenische Miteinander so gut gelingen konnte.

Schon zum Frühstück in lockerer und geselliger Atmosphäre füllte sich der Saal, viele junge Familien mit Kindern fühlten sich wohl beim Angebot der evangelischen Kirche, in dessen Mittelpunkt der Reformator Martin Luther stand. Er begegnete Jung und Alt auf vielfältige Weise, sein Geist lag über allen Aktivitäten des Tages.

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Es kommt allein auf die Gnade Gottes an

Worum es ihm ging, führte das Team der Kinderbibelwoche mit seinem lebendigen Theaterspiel vor Augen. Währenddessen herrschte bei allen Gästen gespannte Aufmerksamkeit. In einer tollen Leistung vergegenwärtigten die Laienschauspieler das Leben Luthers von seinen Erfahrungen als Mönch bis zu seinem entschiedenen Eintreten gegen den Ablasshandel und seiner bahnbrechenden Erkenntnis, dass es allein auf Gottes Gnade ankomme.

Dieser zentrale Gedanke stand später dann auch im Festgottesdienst in der Christuskirche im Mittelpunkt, bei dem Dekan Büttner und Pfarrer Oliver Englert zunächst Luther und seine Zeit in Wort und Szenen aus dem Luther-Film ins Bewusstsein riefen. In der Gegenwart hätten sowohl evangelische als auch katholische Kirche die zentrale Bedeutung der Gnade Gottes anerkannt, ging Büttner auf die gemeinsame Erklärung zur Rechtfertigungslehre von 1997 ein. Aber er gab auch zu bedenken, dass die Frage, wie bekomme ich einen gnädigen Gott, die Luther so gequält hatte, heute kaum noch gestellt werde.

Jeder Mensch verdient Anerkennung

In der heutigen Gesellschaft müsse der Mensch wieder lernen, gnädig mit sich selbst zu sein und sich von dem vorherrschenden Leistungsgedanken zu verabschieden. Anerkennung verdiene jeder Mensch, der das leiste, was er könne, ganz gleich in welchem Beruf.

Eigens für diesen Gottesdienst hatte sich ein Projektchor gebildet, mit dem Kirchenmusikdirektorin Karin Riegler im Stadthallen-Reformationshaus probte und unter anderem eine ungewöhnliche Bearbeitung von Luthers „Ein feste Burg“ erklingen ließ.

Die Glocken sind zu leies

In die Christuskirche eingezogen war die Festgemeinde, nachdem sie vor der Stadthalle um 15.17 Uhr 500 Sekunden lang dem Glockengeläut gelauscht hatte, das leider zeitweise vom Straßenverkehr übertönt wurde und nicht ganz die vorgesehene würdige Wirkung entfalten konnte. In übertragenem Sinn ließe sich mit jemandem aus der Festgemeinde vielleicht auch sagen: „Die Glocken sind zu leise.“

Theologisches Plauderstündchen

Gerne hatten auch viele Katholiken die Einladung ins Reformationshaus angenommen, um mit ihren Geschwistern zu feiern. Im „theologischen Plauderstübchen“ würdigten die Dekane Andreas Krefft und Matthias Büttner das ökumenische Miteinander der Gegenwart, bei dem man aufeinander höre und die jeweilige Position des anderen auf der Suche nach der Wahrheit in versöhnter Vielfalt achte. Nachdem Pfarrer Krefft im Westerwald noch viele Gehässigkeiten zwischen Katholiken und Protestanten erlebte, erfahre er nun in Bad Neustadt, wie man aufeinander zugehen könne.

Mit viel Herzblut und großem Engagement hatte sich die Jugend während des Luther-Jahres mit dem Reformator beschäftigt. Welche Aspekte sie dabei herausarbeitete, das zeigte sie den Gästen des Reformationshauses mit Filmclips und Erklärungen, die ein aufmerksames Publikum und ehrliche Anerkennung fanden. Als Luther-Experten erwiesen sich die Ignaz-Reder-Realschule Mellrichstadt und das Rhön-Gymnasium Bad Neustadt.

Spielerische Annäherungen

Riesengroß war das Angebot, sich Luthers Welt spielerisch und bastelnd zu nähern. Mit ganz viel Freude und Spaß griffen die Jüngeren zur Feder und schrieben wie zur Zeit der Bibelübersetzung, malten die Luther-Rose oder formten Holzstücke zum Kreuz.

Ungeahnt viele Besucher machten sich auf den Weg zum Reformationshaus, darunter auch Friedbert Behrend, Barbara Demling und Heidrun und Gebhard Weber, die beim Quiz eine Lutherbibel gewonnen hatten.

Text und Fotos: Karin Nerche-Wolf